… eine gotische Deutschordenskirche
„Schöne Pforte“ heißt seit altersher der Eingang in das 700 Jahre alte Kirchengebäude.
Die Deutschhauskirche war, wie der Name sagt, ursprünglich die Kirche der Würzburger Deutschordenskommende. Bischof Otto von Lobdeburg (Reg.zeit 1207 – 1223) schenkte dem Deutschen Orden eines seiner Häuser. Am Schottenanger gelegen, gehörte es vormals zu staufischen Königshof.
1270 begannen die Deutschordensritter mit dem Bau der Kirche. Ab 1287 verzögert ein jahrelanger Streit um das Wegerecht und den Zugang zum Schottenanger die Bautätigkeit.
König Rudolf von Habsburg vermittelt 1296 eine Einigung mit dem Würzburger Magistrat und erreicht so einen Kompromiss: Der Weg zum weiter hinten gelegenen Schottenanger wird mit einem Schwibbogen über-baut und bleibt so allgemein zugänglich.
1320 konnte der erste Gottesdienst in der neuen Kirche gefeiert werden.
Wahrscheinlich ist die Deutschhauskirche der edelste Bau aus der Zeit der beginnenden Hochgotik in Mainfranken. Heute noch präsentiert Sie sich in nahezu originalem Zustand, was in Franken eher ungewöhnlich ist. Kunst-historisch bedeutsam sind u.a. Kapitelle, Konsolen und Schlusssteine des gotischen Kirchenbaues.
Im unteren Geschoß des Turmes findet sich eine spät-romanische Kapelle. Sie wird bereits in staufischer Zeit im Jahre 1226 erstmals urkundlich erwähnt. 2005 wurde die Kapelle nach gründlicher Restaurierung erneut in Betrieb genommen und kann täglich besichtigt werden.
Eine weitere Besonderheit stellt die sich im Vorraum der Sakristei befindliche sogenannte Büßerzelle dar. Baulich handelt es sich um ein offenen Raum, unmittelbar vor der Sakristei gelegen und in Augenhöhe zum Kirchenschiff hin mit einem Fenster ausgestattet. Brüder des Deutschherrenordens , welche sich eines Vergehens (z.B. einer Verleumdung, „unkeuscher Gedanken“ oder des Ungehorsames dem Abt gegenüber) schuldig gemacht hatten, wurden zur Strafe von der Teilnahme an der Messe ausgeschlossen. Weil die Mitwirkung bei der täglichen Messe aber zu den Pflichten eines Ordensmannes gehörte, mussten die „sündhaften“ Männer vom Fenster der Büßerzelle aus dem Gottesdienst beiwohnen. Von den Sakramenten waren sie während der Zeit ihrer Buße ausgeschlossen.
Die Truppen Napoléons konfiszierten den Kirchenbau für ihre Zwecke. Der Bayerische Staat vereinnahmt 1805 sämtliche Besitzungen der Würzburger Deutschordenskommende. Die Kirche wird insgesamt fast 120 Jahre lang als militärisches Magazin genutzt. Durch eingezogene Magazinböden konnte die hohe Hallenkirche in drei Stockwerke unterteilt werden. Zwei der schön verzierten Konsolen werden dabei so stark beschädigt, dass ihre ursprüngliche Gestalt unwiederbringlich verloren ist. Die Fenster waren größtenteils mit Brettern vernagelt.
Im Herbst 1922 überlässt die bayrische Verwaltung nach langen Verhandlungen die Deutschhauskirche der Evang.-Luth. Kirchenverwaltung. Pfarrer Bernhard Koch übernimmt die Aufgabe, den völlig entleerten und verwüsteten Kirchenraum wieder für den gottesdienstlichen Gebrauch nutzbar zu machen. An Weihnachten 1922 ist es soweit: Auf geliehenen Wirtshausstühlen und auf Brettern, welche über Steinblöcke gelegt wurden, nimmt die Gemeinde in der eiskalten Kirche zum Christfestgottesdienst Platz.
Die Renovierungen im Jahre 1923 fallen in eine Zeit extremer Inflation. Pfarrer Koch muss „auf´s Land hinaus“ fahren um Spenden aus der neuen Ernte einzuwerben, die er sodann einlagert, bis die Baurechnungen fällig werden.
Von der Gemeinde Herrnberchtheim (Dekanat Uffenheim) erhält die Deutschhausgemeinde einen Taufstein von 1569 und die Kanzel aus der Spätrenaissance als Geschenk. Letztere war jahrelang in der Pfarrscheune von Herrnberchtheim eingelagert und dort vergessen worden.
Für acht Milliarden Reichsmark (!!) wird eine Orgel mit vier Registern angeschafft.
Zum Vergleich: 1970 kostet die neue Orgel mit 25 Registern 70.000 DM.
Der Preis für ein Exemplar betrug im Januar 40 Mark und stieg bis November 1923 stufenweise auf die ungeheure Summe von 50 Millionen Mark an. Quelle:
Bernhard Koch beschreibt im Mai 1923 im Würzburger Evangelischen Gemeindeblatt die Situation seiner Gemeinde folgendermaßen:
„… Großes ist in halbjährigem Schaffen erreicht. ….. so sahen die hohen Festtage von Karfreitag und Ostern eine die Kirche dicht füllende Anbeterschar bis an die Stufen des Altars. ….. Wie waren die Besucher überrascht, daß sich die formlosen Kasernenbettstattbretter binnen kurzem in wohl geformte und gestrichene Kirchenbänke verwandelt hatten…“
Nach den umfangreichen und mühevollen Arbeiten wird die Deutschhauskirche am
1. Advent 1923 erneut eingeweiht. Zu Ostern 1924 erhält sie eine neuerliche Stiftung von 12.000 Goldmark um die Fenster des Chorraumes künstlerisch, farbig auszugestalten. Elisabeth Cöster schafft 1924 uns 1925 die bis heute erhaltenen Fenster. 1944 lässt Pfr. Dietrich Schmerl sie ausbauen und einlagern um sie vor der Zerstörung der Bombenangriffe zu schützen.
Die Kreuzigungsgruppe (Bild) ist ein Werk des Würzburger Bildhauers Heinz Schiestl (1867 – 1940) und entstand 1929/30. Maria und Johannes sind Kopien v. Tilman Riemenschneiders Kreuzgruppe in Aub des gleichen Künstlers.
Weitere Kunstwerke in der Deutschhauskirche
Sakramentsnische mit Renaissanceumrahmung, im Altarraum links
13 Grabsteine von Würzburger Deutschherrenkomturen und -brüdern unter der Empore
Sakramentsnische mit Renaissanceumrahmung
Chorfenster, Elisabeth Cöster, Barmen (1900-1941)
Abendmahlswandteppich, Neuendettelsauer Paramentenwerkstatt
Bilder:
„Anbetung der heiligen-drei-Könige“, Prof. Rudolf Schäfer (1878 – 1961)
„Verkündigung an Maria“ Georg Anton Urlaub (1713 – 1759)
Figuren:
„Der Horchende Christus“ (Wilhelm Steinhausen)
„Christopherus“ (Karl Hemmeter)
Weiterführende Literatur:
Olaf Kühl-Freudenstein, Alte Kirchen – neu entdeckt, Verlag J.H.Röll GmbH Dettelbach
Deutschhauskirche Würzburg – ein Kirchenführer
Elfriede und Wolfgang Höffgen, Chronik der Deutschhausgemeinde Würzburg, Würzburg 2002